Donnerstag, 31. Januar 2013

Die Sprache Jesu

Man muss nur nach Sibirien fahren, dort kann man Leute treffen, die das "Vater unser" praktisch in dem Wortlaut beten, in dem es Jesus seinen Jüngern beigebracht hat. Denn es gab (und gibt) im Kaukasus Assyrer. Viele von ihnen sind zu Stalins Zeiten nach Sibirien verbannt worden, manche sind dort geblieben. Wie es sich fügte, war ich heute zum Hausbesuch bei einer solchen älteren, kranken Frau. Sie hat mir erzählt, dass sie die wesentlichen Gebete auf Assyrisch kennt, und Assyrisch ist bekanntlich sehr nahe am Aramäischen. Und sie hat mir ein Heft ausgeliehen, in dem die Texte wesentlicher Gebete in assyrischer Sprache, aber in russischen Buchstaben geschrieben sind. Dieses Heft hat man ihr vor 25 Jahren bei einem Besuch im Kaukasus gegeben. Das "Vater unser" lautet danach, zumindest in dieser Version:

"Ja baban, divet bschmaja,
Ove kotscha schamach,
Atja malkutach,
Ove rasajoch, dach dila bschmaja, ob chadachile ara.
Chalan lama, samkana, evmana,
Schvaklan gjnaje chtijota,
la movratlan an dschuroba,
Ala mmossylan mannad bischa.
Sabab dmjochila malkuta,
Chejtscha akra abad-abadin. Amen.

2 Kommentare:

  1. Wow! Super spannend! Es gibt die syrische Peschitta, die Syrohexaplaris von 616 , dann armenische, georgische und koptische Übersetzungen aus dem 5. bzw. 3 Jh! Gibt es da einen Zusammenhang? VG

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    1. Es gibt mehrere aramäische oder altsyrische Varianten. Die Gelehrten stellen immer einmal die Frage, ob eine davon vielleicht auf ein aramäisches Original z. B. des Matthäus-Evangeliums zurückgeht. Aber letztlich sind sie dann meistens vorsichtig und meinen, dass der älteste vorhandene Text auf Griechisch ist und alles andere Übersetzungen. Aber immerhin: manche davon Rückübersetzungen (fast) in die Sprache Jesu selbst. Und vielleicht ist das "Vater unser" ja doch ununterbrochen mündlich weitergegeben worden...

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